Jedes Jahr wiederholen sich die Bilder. Beschlagnahmte Welpen, teilweise in jämmerlichem Zustand, viele dem Tode geweiht. Fernsehreportagen von großen Märkten im benachbarten Ausland, auf denen „schlaue Schnäppchenjäger“ sich extrem billige „Rassewelpen“ kaufen.
Genauso aber auch gestoppte Kleintransporter, vollgestopft mit Welpen, die ohne jede rechtliche Grundlage quer durch Europa kutschiert werden, um dann beispielsweise in Deutschland auf verschiedenen Wegen an den Halter gebracht zu werden.
Was ist der Hintergrund? Die Tierheime sind voll mit Hunden, und täglich kommen welche dazu. Und selbst, wenn jemand unbedingt einen Welpen haben möchte (was nicht unbedingt schlau und vor allem für Ersthundehalter sehr unklug ist), gibt es auch die immer wieder im Tierheim. Aber offenbar gibt es viele Menschen, die unbedingt einen Rassehund haben wollen. Und im Tierheim überwiegen die Mischlinge deutlich.
Was ist das Besondere an Rassehunden?
Über viele tausend Jahre hin gab es keine Hunderassen. Es gab zwar schon früh einige „Landschläge“, also Hunde, die auf bestimmte Aufgaben hin selektiert wurden und sich spezialisierten. Hunde für die Jagd, für den Schutz von Hof und Vieh, für das Hüten der Schafe. Das Aussehen interessierte dabei herzlich wenig, es ging nur um die Qualität der Arbeit.
Erst im 19. Jahrhundert entstand in der Mittel-und Oberschicht Großbritanniens die Idee, Hunderassen genau zu definieren und ihr Aussehen präzise festzulegen. Das gab prima Gelegenheiten zu geselligem Beisammensein und wenigstens den Anschein einer sinnvollen Beschäftigung.
Über viele Jahre war die Zucht von Rassehunden also ein Hobby für reiche Leute, und auch heute noch ist sie kein billiges Vergnügen. In aufwendigen Hundeausstellungen werden „Sieger“ gekürt, die in besonderer Weise das ideale Aussehen der jeweiligen Rasse repräsentieren. Und zumindest in den Grundzügen wird auch auf das Wesen des Hundes überprüft, sodaß bösartige Möpse genau selten sind wie feige Schutzhunde.
Je mehr Ausstellungen ein Hund besucht und je besser er dort abschneidet, desto lohnender wird der Aufwand für den Besitzer. Bei den Rüden kann er für jeden Deckakt eine Gebühr fordern, bei den Hündinnen steigt der Preis für die Welpen. Diese Preise lohnen sich genau dann, wenn der Käufer ebenfalls züchten möchte, denn er kann ja, wenn sein Welpe mal erwachsen wird, mit der Liste der tollen Vorfahren prahlen und ebenfalls Kohle machen.
Ein weiterer Grund kann sein, das es Züchter gibt, die sehr stark auf Wesensmerkmale züchten, um gute Dienst- oder Behindertenbegleithunde zu erhalten. Für den normalen Hundehalter lohnt sich ein Rassehund eigentlich nur so weit, wie er eben liebevoll und sorgfältig sozialisiert ist und optisch wie vom Wesen den Vorstellungen des Hundehalters entspricht. Genau das kann der Mischling aus der Nachbarschaft möglicherweise aber ebenso gut oder besser.
Die Rasseverbände, vor allem die im VDH organisierten, treiben erheblichen Aufwand, um Betrug und Mißbrauch zu erschweren. Jeder Wurf muß gemeldet werden, die Zahl der Welpen (oft auch der gestorbenen oder tot geborenen) wird erfaßt, jeder Hund dieser Rasse lässt sich in den Listen des Verbandes finden.
Ohne Papiere kein Rassehund
Kehren wir kurz zu den „Schnäppchen-Welpen“ zurück. Diese Hunde kommen ohne Zuchtpapiere oder mit gefälschten Zuchtpapieren, sind also für die Rassehundezucht komplett unbrauchbar. Ein Rassehund ohne Zuchtpapiere heißt Mischling, völlig egal, ob er einer bestimmten Rasse gleicht oder nicht. Was die Schnäppchenjäger also eigentlich kaufen, sind Mischlingswelpen ohne Impfung und Entwurmung, die oft nicht gechippt sind und die durch die Bank miserabel sozialisiert sind. Es gibt also Menschen, die nach Polen oder Rumänien fahren, um dort 600€ zu bezahlen für einen Mischlingswelpen, wie sie ihn zur Hälfte dieses Preises im örtlichen Tierheim kriegen könnten – dort allerdings wirklich geimpft und entwurmt.
Käufer von Billig-Rassewelpen sind also ein bisschen doof. Kein Problem soweit, Dummheit muß bestraft werden – könnte man denken. Eigentlich bestraft werden allerdings die zur Vermehrung bestimmten Hündinnen, die ihr Leben unter unsäglichen Bedingungen in einem völlig versifften, verkommenen Hundeknast verbringen. Und jeder Welpenkäufer motiviert die Vermehrer, mit ihrem Handwerk weiter zu machen. Jeder Cent, der in diese Kreisläufe geschüttet wird, kurbelt das Karussel an. Das Gleiche gilt übrigens auch für „Tierschützer“, die die geschundenen Hündinnen aus ihrem schrecklichen Schicksal freikaufen wollen, sie machen sich mitschuldig, weil sie den Hundevermehrern ein lukratives Zusatzgeschäft anbieten.
Und das scheint mir ein ganz zentraler Punkt zu sein: Kaufen Sie niemals einen Hund aus Mitleid. Wenn seine Haltungsbedingungen so erbärmlich sind, schalten sie Amtsveterinär und Tierschutz ein. Wenden Sie sich an die Presse, alarmieren sie eventuell die Polizeihundestaffel. Tun Sie, was immer Ihnen in den Sinn kommt und wofür Sie nicht strafrechtlich belangt werden können, aber zahlen Sie niemals auch nur einen Euro, der einen beschissenen Tierquäler in seinem Handeln ermutigen könnte.
Was also können Sie tun?
Fragen Sie sich zuerst, ob Sie wirklich einen Welpen wollen. Klar sind die süß. Die sind auch noch süß, wenn sie den fünften Pantoffel zernagen. Die sind sogar noch süß, wenn sie Sie zum dritten Mal in einer Nacht aus dem Bett werfen und bei strömendem Regen zur nächsten Pinkelgelegenheit scheuchen. Süß wie Zucker sind die. Ungefähr 5 Monate lang. Und dann kommen sie in die Pubertät. Und wenn sie die Pubertät hinter sich haben (und Sie werden den Zeitpunkt herbeisehnen, weil pubertierende Hunde zuerst einmal Pubertierende sind), dann sind es für die nächsten 10 bis 15 Jahre erwachsene Hunde, genauso wie die, die man im Tierheim adoptieren kann.Wenn Sie wirklich einen Welpen wollen, schauen Sie nach Züchtern, die im VDH organisiert sind. Der ist zwar auch nicht der Weisheit letzter Schluß, aber eine gute Chance, keinem Vermehrer Geld in den Rachen zu werfen. Hier haben Sie gute Chancen, einen gesunden und vernünftig sozialisierten Hund zu bekommen, dafür werden allerdings Kaufpreise aufgerufen, die leicht vierstellig werden können.
Oder sie haben im Bekannten- oder Verwandtenkreis jemanden, dessen Hündin versehentlich gedeckt wurde und der händeringend ein gutes Zuhause für einen Welpen sucht. Den können Sie dann schon vorab regelmäßig besuchen und miterleben, wie der Welpe sozialisiert wird und wie die Haltungsbedingungen insgesamt sind. Wenn diese beiden Wege nicht in Frage kommen, bleibt eigentlich nur das örtliche Tierheim. Dort gibt es immer wieder mal Welpen zur Vermittlung. Sie wissen dann zwar nichts über die Sozialisierung des Welpen, und der Status in Bezug auf Erbkrankheiten ist unklar, aber die Preise sind bezahlbar, die Tiere sind entwurmt und durchgeimpft, und Sie werfen keinem Tierquäler Geld in den Rachen.
Komplett abraten würde ich von einem Kauf über Kleinanzeigen, egal ob im Internet oder in Presseerzeugnissen, vom Kauf auf Märkten oder Raststätten und vom Kauf bei Großhändlern. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird man Ihnen rührselige, romantische oder abenteuerliche Geschichten darüber erzählen, woher der Welpe stammt. Und mit noch höherer Wahrscheinlichkeit wird der Welpe in Wirklichkeit in einem kotverschmierten Käfig von einer verhaltensgestörten und bemitleidenswerten Mutter geboren worden sein. Bis Sie ihn tierärztlich und verhaltenstherapeutisch aufgepäppelt haben, haben Sie mehr Geld ausgegeben, als der teuerste Rassewelpe gekostet hätte.