Wie alles begann
Vieles im Leben ist geprägt von Zufällen und Unwägbarkeiten. So führten meine Lebensgefährtin und ich nach vielen Jahren des Zusammenlebens eines jener Gespräche, die wir Männer so ganz besonders zu schätzen gelernt haben. Nein, nicht die Art von Gespräch. Die Andere.
Und wir kamen auch zu einem Ergebnis:
Es wird Zeit für das Trippeln kleiner Füsschen in der Wohnung.
Wir machten uns recht viele Gedanken im Vorfeld. Einige der Sachen, die man abwägen sollte, habe ich hier zusammengestellt. Aber irgendwann war die Sache klar.
Wir fuhren also zum Tierheim Ludwigsburg und schauten uns dort um. Wir wussten immerhin, daß wir einen mittelgroßen Hund wollten. Kurzhaarig sollte er sein, kein Kläffer und kein Sabberer. Alles andere war uns ziemlich egal, wir wollten einfach sehen, welcher Hund uns anspricht. Nach kurzer Zeit besorgten wir uns Zettel und Stift und begannen den Durchgang von neuem. Letztlich hat fast jeder Hund etwas Ansprechendes, wenn man nur genau genug hinschaut.
Einige dieser Hunde hatten furchtbares hinter sich, einige waren aus wirklich seltsamen Gründen im Tierheim gelandet. Wir versuchten allerdings, solche Dinge komplett auszublenden bei unserer Suche. Mitleid ist nicht unbedingt das ideale Fundament für eine Beziehung.
Wer die Wahl hat …
… hat manchmal auch keine Qual. Judith war der erste und einzige Hund, mit dem wir zur Probe spazierengingen. Dazu mußte der Pfleger sie zwar aus dem ZwingJudith neu bei unser tragen, weil sie so verängstigt war, und wir mußten sie mit Leckerli Meter für Meter vom Tierheimgelände locken, aber draußen taute sie dann auf und wir hatten einen schönen Spaziergang miteinander.
Wir gingen ein zweites Mal miteinander spazieren, nahmen sie dann für einen Tag mit zu uns nach Hause, aber unsere Entscheidung war eigentlich nach dem ersten Spaziergang schon getroffen. Und diese Entscheidung haben wir nie bereut. Judith war unsere erste Lehrerin, was Hunde betrifft, und sie war ein wunderbarer Hund.
Tierheimfest
Gut ein Jahr später besuchten wir das Herbstfest des Tierheims Ludwigsburg. Das war ein taktischer Fehler, auch wenn die Feste des
Tierheims grundsätzlich immer einen Besuch wert sind.
Nur: Diesmal wuselte ein kleines schwarzes Wesen dort herum, das unsere Herzen im Sturm eroberte. Wie konnte die Tierheimleiterin auch so unfair sein, mir die kleine Emma einfach in den Arm zu drücken. Ich war völlig chancenlos – und ich war nicht der einzige. Erfreulicherweise ist Emma bis heute eine Herzensbrecherin geblieben und hat einen regelrechten „Fanclub“.
Therapiehund
Als Judith völlig überraschend und viel zu jung starb, brach für uns eine Welt zusammen. Katja kam mit so vielen Problemen zu uns
und brauchte so viel Aufmerksamkeit und Zuwendung, daß sie uns ganz automatisch dabei half, Judiths Tod zu verarbeiten. Sie war also gleich in zweifacher Hinsicht ein Therapiehund: Sie brauchte dringend eine Angst- und Traumatherapie, und dabei therapierte sie unsere Trauer um Judith. Und zusätzlich zwang sie uns, sehr viel mehr über Hunde und ihr Verhalten zu lernen, als das normalerweise nötig wäre. Mittlerweile werden wir jeden Tag aufs Neue für unsere Entscheidung belohnt.