Auf den Hund gekommen …
Wir entschieden uns im Tierheim Ludwigsburg für Judith, nachdem wir zum ersten Mal mit ihr Gassi gegangen waren. Nach einem zweiten Spaziergang mit ihr kam sie zur Probe einen Tag zu uns.
Dann kam ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Tierheims bei uns vorbei, um sich die Wohnung anzuschauen und sich ein Bild zu machen. Und dann konnten wir endlich Judith zu uns holen.
Judith stammt ursprünglich aus Portugal und saß dort in einem Tierheim. Sie wäre wahrscheinlich umgebracht worden, wenn sie nicht über eine Zusammenarbeit mit dem Tierheim Ludwigsburg hier gelandet wäre. Das war allerdings nicht der Grund dafür, das wir uns für sie entschieden haben – uns hatte ganz einfach ihr ruhiges Wesen und ihr Blick fasziniert.
Recht schnell merkten wir, daß Judith ziemlich böse Erfahrungen mit Menschen gemacht haben mußte. Menschen, die stockähnliche Gegenstände hielten, versetzten sie in Panik. Selbst der Kauknoten, den wir ihr gekauft hatten, wurde weiträumig umgangen, wenn er auf dem Boden lag. Hielt ich ihn in der Hand, floh sie voller Angst.
Jemand, der einen Stein in der Hand hielt, versetzte sie in Panik. Nordic Walker in 500m liessen sie vor Angst zittern. Männer, vor allem Männer mit tiefer Stimme, mied sie weiträumig, was vor allem deshalb ein Problem darstellte, weil ich selbst eine recht tiefe Stimme habe.
Dazu kam dann noch die „ganz normale“ Angst vor fremden Dingen. Mülltonnen, Kleidersäcke des Roten Kreuzes, ganz viele Dinge, die sie nicht kannte, mußten erst ganz behutsam erforscht werden.
Wir hatten also ein bisschen was zu tun.
Aber wie geht man sowas am besten an? Als absolute Anfänger hatten wir kaum eine Wahl. Wir besorgten uns einen Stapel Hundebücher und fingen an zu lesen. Und wir merkten sehr schnell, daß vieles von dem, was da geschrieben stand, zumindest für Judith nicht stimmen konnte.
So war unser Problem sicherlich nicht, Judith streng zu behandeln oder gar zu bestrafen – schließlich hatte man ihr vermutlich schon fast alles angetan, was ein krankes Hirn so hervorwürgen kann.
Unsere Aufgabe war es, sie zu ermutigen, zu loben und zu bestätigen. Und vor allem, ihr die Angst zu nehmen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Allerdings merkten wir auch recht schnell, daß sie klare Regeln brauchte, um Sicherheit zu gewinnen. Wir verständigten uns also auf das Motto liebevolle Konsequenz.
Judith verwandelte sich innerhalb eines Jahres in einen liebevollen, verschmusten Hund. Gelassen im Umgang mit anderen Hunden, zurückhaltend, aber freundlich zu anderen Menschen und mit einem starken Gefühl der Zusammengehörigkeit zu uns.
Sie starb viel zu früh und völlig überraschend am 6. März 2007 an einer Gehirnhautentzündung. Wir werden sie immer vermissen.